Die Crew

Scheiße es ist schon über ein Jahr her, seit ich das letzte Mal etwas in dieses verdammte Logbuch gekritzelt habe. Nicht, weil ich keine Zeit hatte – Zeit hat man immer, wenn man zwischen den Sternen feststeckt und wartet, dass das nächste Desaster zuschlägt. Sondern weil ich keine Worte für das Chaos finden konnte, das sich in meinem Kopf abspielt. Und weil ich wusste: Wenn ich anfange, es aufzuschreiben, wird es real. Und das hier? Das hier ist so verdammt real, dass ich es kaum ertrage.

Ich habe gelogen. Nicht anderen. Mir selbst. Ich habe mir eingeredet, ich könnte das allein durchziehen. Dass ich niemanden brauche. Dass ich die Fäden ziehen kann, ohne dass sie mir um den Hals gelegt werden. Aber jetzt sitze ich hier, mit einer Crew, die aus Lügnerinnen, Verrückten und einem Typen besteht, der lieber in einem Verteidigungsturm verrottet, als ein Schiff zu fliegen, und muss zugeben: Ich bin am Arsch.

Warum so lange nichts?

Weil ich Angst hatte. Nicht vor dem, was da draußen ist – vor dem, was in mir ist. Nach dem ganzen Scheiß mit Zero-Sense, den Verraten, den Leichen, die ich zurückgelassen habe, dachte ich, ich wäre immun. Dass mich nichts mehr erschüttern kann. Aber dann kam Pyro. Und mit Pyro kam die Erkenntnis, dass ich nicht mehr der bin, der ich mal war.

Ich habe Vertrauen gegeben. An Valentin. An FRoD. Selbst an diese verdammte Abendroth-Göre, die mich anschaut, als wäre ich der letzte Strohhalm, an den sie sich klammern kann. Und das brennt wie ein Plasma-Cutter in der Brust. Weil ich weiß, dass jeder von ihnen mich fallen lassen würde, wenn es darauf ankommt. Genau wie ich es tun würde.

Und dann ist da noch der Deal mit der Bergbaufirma. Die Waffen. Die gefälschten Kennungen. Ein weiterer Nagel in meinem Sarg, den ich mir selbst reingehämmert habe. Weil ich dachte, ich könnte alles kontrollieren. Aber in Pyro? Da kontrolliert niemand etwas. Nicht mal die, die glauben, sie hätten die Macht.

Die Crew – oder: Warum ich bald allein fliegen werde

• Valentin starrt Cäcilia an, als wäre sie das letzte Licht im Universum. Idiot. Er wird uns alle killen, wenn sie auch nur einen Kratzer abbekommt. Und ich? Ich lasse es zu, weil ich seine Wut brauche, wenn die Kugeln fliegen.
• Peter spielt seinen kleinen Sicherheitschef, während er in Wahrheit beide Seiten bedient. Und Cäcilia? Die weiß es. Aber sie sagt nichts. Weil sie genauso verlogen ist wie er. Beide warten nur darauf, dass der andere als Erster die Maske fallen lässt.
• Mr. Hide fliegt wie ein Gott, aber wenn es hart auf hart kommt, ist er nutzlos. Ein Pilot, der keine Waffe anrührt. In Pyro ist das ein Todesurteil.
• Hector ist der Einzige, der noch klar denkt. Und das macht ihn gefährlich. Weil er weiß, dass ich lüge. Dass ich ihnen nicht die ganze Wahrheit sage. Dass ich bereits Pläne für den Fall habe, dass alles schiefgeht. Und dass diese Pläne ihnen nicht gefallen werden.
• Elias? Der Sanitäter mit den UEE-Händen? Der sieht aus, als hätte er mehr Leichen weggeputzt als ich erschossen habe. Ich traue ihm nicht. Aber ich brauche ihn. Genau wie den Rest.
• Codie… dieser naive kleine Scheißer. Der verschwindet auf Pyro Gateway, kommt mit Med-Pens und Ausreden zurück, und ich? Ich glaube ihm nicht. Aber ich habe keine Zeit, es rauszufinden. Weil wir in drei Stunden in Arid Reach sind. Und dort wartet irgendwer, der Cäcilias Schwester hat. Und TYRs vermissten Typen. Und wahrscheinlich noch ein halbes Dutzend Leute, die uns alle tot sehen wollen.

TYR. Die Raumnotretter. Die verdammte Bergbaufirma.

Ich habe zu viele Fäden in der Hand. Und jeder davon könnte mich würgen.

Die Raumnotretter? Tot oder korrupt. Ich weiß es nicht. Und ich kann es mir nicht leisten, es rauszufinden. Weil wenn TYR weiß, dass ich mit ihnen gedealt habe, dann sind wir bereits gejagt, bevor wir auch nur einen Fuß auf Monox setzen.

Die Bergbaufirma will ihre Waffen. Jetzt. In Pyro. Wo ich keine verdammte Ahnung habe, wer sie wirklich sind. Vielleicht sind sie die, die Cäcilias Schwester haben. Vielleicht sind sie nur Kanonenfutter. Aber ich werde ihnen geben, was sie wollen. Weil ich keine Wahl habe.

Und TYR? Die spielen ihr eigenes Spiel. Sie wollen ihren Mitglied. Sie geben vor, uns zu helfen. Aber ich kenne TYR. Die helfen niemanden. Nicht ohne Grund.

Arid Reach.

Ein Name wie ein Fluch. Trocken. Leer. Perfekt, um Leute verschwinden zu lassen.

Ich sollte allein gehen. Wie immer. Aber ich kann nicht. Weil ich weiß, dass ich dort draußen sterben werde, wenn ich es tue. Also nehme ich sie mit. Diese gebrochene, lügende, verzweifelte Truppe. Und ich bete – zum ersten Mal seit Jahren – dass irgendwer von ihnen nicht der Verräter ist, der uns alle verrecken lässt.

Der Plan?

Es gibt keinen.

Ich gehe rein. Ich finde die Schwester. Ich nehme, was ich kriegen kann. Und dann? Dann brenne ich alles hinter mir ab, wenn ich muss. Inklusive ihnen.

Weil am Ende überlebt nur einer. Und das werde ich sein.