Teil 6 Husky 2949 Auf Messers Schneide I

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Das 7th Pit Lane kauerte am Ende eines Boulevard am Rande von New Horizon. Überschattet

von glitzernden Wolkenkratzern und schwebenden Plattformen fiel die dunkelblaue Leuchtschrift

auf dem unscheinbaren Gebäude kaum auf. Auch im Inneren gab es auf den ersten Blick wenig

Bemerkenswertes. Das 7th Pit Lane versprühte weder das extravagante Flair der zahlosen Bars

in den Luxusvierteln noch verfügte es über den atemberaubenden Ausblick der schwebenden

Cafes am New Horizon Raceway.

Lediglich ein halbes Dutzend Tische folgten dem Verlauf einer L-förmigen Bar. In dämmrigem

Licht luden etwas abgewetzte aber gemütliche Ledersessel und blankes Metall zum Verweilen

ein. Statt Bildschirmen und Hologrammen empfingen den Besucher wenige Plakate von

Rennschiffen und einige Schrottteile hingen von Wänden und Decke. Es roch nach Treibstoff,

Leder und Kaffee. Alles wirkte alt, war aber tadellos geputzt. Ganz egal ob man die Geschichten

glaubte, warum Lennard der Besitzer und nach eigenen Angaben einer der 5 fünf talentiertesten

Racer des 30.. Jahrhunderts, nie ein MurrayCup Rennen gewonnen oder auch nur beendet

hatte, es ließ sich nicht leugnen, dass die Kneipe das gewisse etwas hatte. Seit Jahrzehnten

zog es die Racer hierher.

Es war früher morgen und gerade polierte Lennard hinter dem Tresen die „Rikkord Pipes“ seiner

selbstgebauten Zapfmaschine. Jene Schläuche, die wie er steif und fest behauptete einst das

Triebwerk von Ian Rikkords zweitem Rennschiff mit Treibstoff speisten, und nun die Gläser der

Gäste füllten.

Es war früher Morgen und nur ein einzelner Gast saß an der Bar. In wenigen Stunden aber

würde sich das Lokal füllen. Heute war Murray Cup Tag und dazu noch das letzte Rennen vor

der Finalrunde.


Der Gast wirkte etwas hager und schlaksig. Aus einem von blassen Gesicht eingerahmt von

einem schwarzem kurzen Bart und strubbeligen Haaren stachen zwei verschiedenfarbene

Augen heraus. Eines grün das andere blau. Der Mann trug einen blau-silbernen Racing Overall

und trommelte nervös auf seinen Helm, der neben ihm auf dem Tresen lag. Gabriel „Husky“

Winters war darauf zu lesen. Husky starrte seit Minuten auf das Leaderboard an der Wand. Auf

einer Tafel hinter Lennard waren auf in fein säuberlicher Handschrift 25 Namen aufgelistet. Die

ersten zwanzig in schwarz stellten die Momentan für die MurrayCup Finalrunde qualifizierten

Racer da. Dahinter folgten 5 Namen in Rot. Diese Racer auf Platz 21 bis 25 waren nahe dran

an der Qualifikation, aber eben nur nahe dran.

Lennard folgte Husky's Blick und trat an die Tafel. Der Barkeeper tippte auf die 21. „Hier dir fehlt

nur ein Platz zu der Finalrunde. Wenn du Sarah,“ er tippte auf Sarah de Lere an Position 20.

„um mindestens 2 Plätze schlägst, hast du genug Punkte, überholst sie und bist qualifiziert.

Allerdings startet sie heute von Poleposition, du von der 5.“ Lennard trat zu Husky und dozierte

munter weiter. „Sie ist derzeit echt in überragender Form. Das ist das letzte Wertungsrennen

vor der Finalrunde. Total ärgerlich, dass du es wahrscheinlich so knapp verpasst. Wollt ihr es

nicht nächste Saison nicht noch mal versuchen? Ich meine dein Großvater könnte doch -“

Husky schüttelte den Kopf. „Die Entscheidung steht. Da kann auch mein Großvater nichts

machen. Er hat das ganze aufgebaut und unterstützt, aber letztlich sind die Absprachen mit den

Sponsoren klar. Wenn wir es diese Saison nicht schaffen an der Finalrunde teilzunehmen, gibt

es für das RacingTeam von Nordlicht Aviation keine nächste Saison. Aber noch haben wir

dieses eine Rennen und diese eine Chance.“

Lennard winkte ab. „Tut mir leid. Husky ich will dich ja nicht entmutigen aber ich kenne Sarah.

Die wird sich heute keine Blöße geben. Glaub mir, sie kennt deine Ideallinie wahrscheinlich

besser als du selbst und wenn es auch schnellere Piloten gibt, ich kennen kaum jemanden der

so gut blockt wie Sarah. Du hast ein klasse Team aus Technikern und Mechanikern und du

fliegst gut wenn du freie Bahn hast aber da fehlt dir noch ein bisschen um Sarah zu schlagen.

Hätte sie nicht Anfang der Saison soviel Pech gehabt wäre sie sicher in den Top 10.“ „Schön für

sie.“ schnaubte Husky.

„Na, Na kleiner. Nicht beleidigt sein. Du bist heute schon wieder so negativ und nervös. So

angespannt. Darum klappt es auch noch nicht. Du musst an dich glauben. Deine Zeit kommt

schon noch. Naja zumindest wäre sie gekommen wenn du dabei bleiben würdest. Äh geblieben

wärst.“ Lennard legte Husky eine Hand auf die Schulter. Wie dem auch sei Kleiner, du-“

„Ich bin nicht dein Kleiner“ protestierte Husky und schüttelte Lennards Hand ab. In diesem

Moment schwang die Tür auf und ein stämmiger Mann marschierte herein.

„Alles bereit Kleiner.“ Der Neuankömmling, Victor Garnsky, seineszeichens Chefmechaniker in

Husky's RacingTeam ließ sich auf einen Stuhl neben Husky fallen und knallte ein Datenpad auf

den Tisch. Ohne Lennard und Husky weiter zu beachten zog er eine ölverschmierte

Thermoskanne aus seinem Overall, goss sich ein und trank einige Schlucke. Anschließend

stellte er die schmutzige Kanne auf den makellosen Tresen, lehnte sich zurück und musterte

Husky mit seinen graublauen Augen. Nach einem weiteren Schluck fuhr er fort. „Die Flake ist

perfekt konfiguriert und bereit jedes andere Schiff im Feld zu schlagen. Es gibt nur ein Problem.“

Er machte eine weitere Pause und sah Husky mit einem ausdruckslosem Gesicht an. „Den

Piloten. Dich, Kleiner.“ Lennard hörte wortlos zu und verzog keine Miene aber Husky sah in

seinen Augen, dass er sich königlich amüsierte. Husky schluckte den aufkeimenden Ärger

hinunter, nahm das Datenpad und überflog die Werte und Graphen.„Pass auf Vic, Ich weiß

nicht, ob es nicht besser wäre-“

„Nein! Weißt du natürlich nicht!“ fiel der Mechaniker ihm ins Wort „Aber ich weiß, dass es genau

so am besten ist. Wag es bloß nicht an den Einstellungen herum zu Pfuschen. Und mach ja

keinen Kratzer in mein Schiff. Und verdammt noch mal keine Krümel im Cockpit, du Stümper.“

Garnsky lehnte sich vor und patschte mit seinen ölverschmierten Pranken unsanft auf Huskys

Overall wo er ein paar Hinterlassenschaften des Frühstückes erspäht hatte.


Husky ließ sich von seinem Hocker rutschen und wich ein paar Schritte zurück. Er zupfte seine

Overall wieder zurecht und musterte er den cholerischen Mechaniker mit hochgezogener

Brauen. Victor Garnsky mochte ein Genie in der Werkstatt sein, aber zwischenmenschlich war

er manchmal eine Katastrophe. Husky steckte das Pad ein. „Bis bald.“ murmelte er schlicht und

stackste zum Ausgang. „Viel Glück Kleiner“ rief Lennard ihm nach. „Mir ist aufgefallen dass du

in der Abstiegskurve vor dem Zieltunnel-.“ Die Tür des 7th Pit Lane schloss sich hinter Husky

und verschluckte die ungebetenen Ratschläge des Barkeepers. Husky seufzte, legte er den

Kopf in den Nacken und blinzelte in den Sonnenaufgang. Seine Wut über Garnsky und Lennard

verflog und die Nervosität wegen des bevorstehenden Rennens kehrte zurück. Ihm wurde

etwas übel. Zwischen den schwebenden Gebäuden links von ihm konnte er ein Tor der

Rennstrecke ausmachen. „Tor 3“ dachte er und hatte sofort die zugehörige Perspektive aus

dem Cockpit vor seinem geistigen Auge. Husky kannte die Strecke im Schlaf. Schon als Kind

hatte er Tage im Simulator verbracht und mit seinem kleinen Bruder MurrayCup gespielt.

Stunden über Stunden hatte er die letzten Monate auf dem Rennkurs trainiert. Nächte mit den

Technikern des Racing Teams an den Einstellungen der Flake getüftelt. Qualifikationsrennen

absolviert. Auch ein paar gute Wertungsrennen hatte Husky bereits abgeliefert. Aber die Saison

neigte sich dem Ende zu, doch Husky hatte es nicht geschafft eine Top 20 Platzierung zu

erreichen. Nur noch ein letztes Rennen. Sollte es dabei bleiben? In der ersten Saison hatten sie

es nicht in die Top 100 geschafft. Diese Saison lief es viel besser. Alle hatte fieberhaft für das

große Ziel gearbeitet. Und nun? Platz 21. Knapp daneben ist auch vorbei. Project gescheitert.

Husky ballte die Fäuste, Er blickte zurück zur Bar. Hatte er alle entäuscht? Er würde noch

einmal sein bestes geben. Mit schnellen Schritten machte er sich auf den Weg zum

nahegelegenen Hangar.