
┌ Persönliches Logbuch – Eintrag 06
├ Datum: 17. Mai 2952
└ Ort: Versorgungsroute Südost, Nähe Rappel-Außenposten, Hurston
Ich hatte den Treffpunkt am Vortag vorbereitet. Keine Parade, keine Fahnen – nur ein flacher Hügel, halb überwachsen, halb zerweht. Ich markierte den Platz mit ein paar alten Leuchtstäben, die erstaunlicherweise noch funktionierten. Irgendwo da draußen: Hoffnung in Form von Kunststoff und schwachem Licht.
Sie kam früher als erwartet. Ein brummendes Fahrzeug in der Ferne, dann das Aufblitzen von Arbeitsscheinwerfern durch den Staub. Eda Lhor, Technikerin vom Rappel-Außenposten.
Sie stieg aus dem Rover, Schutzbrille auf der Stirn, Werkzeuggürtel quer über der Schulter. Die Art von Mensch, die weiß, wie man ein Panel mit bloßen Händen schließt – oder ein Gespräch mit wenigen Worten beginnt.
„Doerek?“
„Ja.“
Ein kurzes Nicken. Kein Händeschütteln. In der Stille zwischen uns lag kein Misstrauen – nur das Gewicht einer ersten Begegnung.
Das Paket war größer, als ich erwartet hatte: eine kleine Zelleneinheit, ein kompakter Energieumwandler, ein Dichtungskit, sogar ein paar Ersatzmodule für die Kühlung. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mir ein paar Kabel in die Hand drücken würde – nicht das halbe Innenleben einer Werkstatt.
„Das ist… mehr, als ich erwartet habe,“ sagte ich.
„Und mehr, als du wahrscheinlich bezahlen kannst.“
Ich nickte. Keine Ausreden. Die Wahrheit ist auf Hurston ein raues, aber ehrliches Gut.
Sie trat näher, legte den Scanner auf das Energiepaket.
„Ich mache dir einen Vorschlag. Du bekommst das ganze Kit – zum halben Preis.“
Ich sah sie an. „Warum?“
„Weil ich ein gutes Bauchgefühl habe. Und weil ich mir merken werde, dass du mir irgendwann was schuldest.“
Da war es also: der Preis. Kein UEC, keine Kredite. Ein Gefallen. Unausgesprochen, aber bindend.
Ich akzeptierte.
Sie half mir, das Paket auf einen provisorischen Schlitten zu laden. Wir redeten nicht viel – aber es war ein stilles Einvernehmen. Sie fragte nicht, was ich mit dem Schiff vorhabe. Ich fragte nicht, warum sie mir hilft.
Bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal um.
„Pass auf dich auf, Doerek. Und auf die Titan. Sie sieht aus, als hätte sie schon zu viel verloren.“
Ich hätte ihr sagen können, dass ich das auch tue. Aber ich ließ es. Manche Dinge sagt man nicht beim ersten Treffen. Vielleicht beim zweiten.
Zurück an der Titan stand ich lange neben dem Versorgungspaket. Nicht wegen des Gewichts. Sondern wegen dem, was es bedeutete: dass sich etwas verändert hatte. Dass ein Funke von außen die Innenwelt neu ordnen kann.
Morgen beginne ich mit der Installation der Zelleneinheit.
Und danach? Vielleicht ein Schritt nach vorn. Oder ein Rückgriff auf alte Versprechen.
Aber für den Moment ist da ein Gefühl, das ich lange nicht kannte: Vertrauen.
| Ende Eintrag 06