Ich kam gerade aus Stanton zurück. Im Sprungtunnel hatte ich ein wirklich verstörendes Erlebnis, das ich nicht zu deuten wusste.
Etwa auf halber Strecke zwischen Stanton und Pyro wurde mir plötzlich seltsam. Ich begann, Feuer zu sehen und zu riechen. Ich konnte die Hitze irgendwie wahrnehmen. Es brannte nicht wirklich, aber ich fiel in eine Art Halluzination, die mein bewusstes Ich immer stärker verdrängte. Der Schmerz, die fehlende Luft, das, was ich sah, es fühlte sich mittlerweile echt an. Ich schrie vor Schmerz. Ich wusste nicht, wohin mit mir. Das Feuer war überall. Der gesamte Sprungtunnel war nur noch eine Hölle aus Glut, die bis in mein tiefstes Inneres brannte.
Dann war plötzlich alles vorbei.
Ich erreichte das Pyrosystem. Beim Austritt aus dem Sprungtunnel war es, als wäre nie etwas gewesen. Die Verwirrung war gewaltig. Was hatte ich da gerade erlebt? Ich prüfte das Schiff, meine Gesundheit... nichts. Was ich da erlebt habe, war eigentlich nichts. Und dennoch das schrecklichste Gefühl, das ich je gefühlt habe.
Es fühlte sich an, als würde ich aus der Geschichte gebrannt werden.
Ich atmete tief durch, berechnete den Weg zu unserem Stützpunkt. Die Reise nutzte ich, um sicherzugehen, dass ich wirklich gesund bin. Mir fehlte rein gar nichts. Ich erreichte den Mond Fairo und befand mich schon im Landeanflug auf unser Basislager, da kontaktierte mich Friedrich direkt über das Comm. Er gab mir zu verstehen, dass wir weiterreisen. Nächster Halt: Ignis.
Also flogen wir in den Orbit des kleinen Mondes. Soweit ich die Datenbank richtig verstehe, handelt es sich um eine leblose, ausgetrocknete Einöde. Keine atembare Atmosphäre. Hui, da wird mir warm ums Herz. Nur ein Fehler, und das war es.
Friedrich bat mich, eigenständig auf die Suche zu gehen und die Planetenoberfläche zu scannen. Ich wies ihn darauf hin, dass meine Asgard dafür nicht ausgelegt ist. Sie ist ein Transporter mit Kampfkraft. Friedrich korrigierte sich daraufhin und bat mich, ihn zu decken.
Wir überflogen eine Weile die Oberfläche, Friedrich sammelte so viele Daten wie möglich. Dann erfassten meine Scanner plötzlich ein kleines Radarsignal. Ich wies Friedrich darauf hin, und er wollte nachsehen.
Es war ein einsamer Miner mit einer Drake Golem, keine Gefahr für uns. Friedrich funkte das kleine Schiff an, fragte nach seiner Mission. Der Pilot schien Friedrich zu kennen und gab sich zu erkennen: Alaska Seadeleare, einer von der Scientific Union. Ich hatte gute Erfahrungen mit einigen dieser Leute, also nahm ich das Schiff aus der Radarerfassung.
Bru träumte wieder ein wenig vor sich hin und ließ sich alle Zeit der Welt, aufzuschließen. Gut, es gab auch nichts, was uns hetzen würde. Also landeten Friedrich und ich kurzerhand, um mit Alaska persönlich zu plaudern. Wir unterhielten uns über die Kleinheit des Universums und unsere Mission. Beide ähnelten sich wohl, weswegen Alaska kurzerhand entschied, im Schutz unserer kleinen Flotte zu bleiben.
Währenddessen landete auch Brubacker und stieß zu uns. Für Drake schien er nicht viel übrig zu haben. Auch Friedrich nörgelte zunächst. Aber als auch Alaska im Chor einstimmte und eine gemeinsame Ballade der Abneigung blökte, unterbrach ich die Kakofonie an Missmut und verteidigte den Hersteller. Alaska erklärte, dass seine Mühle ständig Ärger mache. Dass es sich um ein modifiziertes oder ausgeschlachtetes und zurück zur Funktion gebrachtes Schiff handelte, überhörten offenbar alle.
Friedrich unterbrach amüsiert die rege Diskussion und wies darauf hin, dass auch Zero gelandet war. Dass uns so etwas während der Debatte entging, zeigt, wie unaufmerksam wir waren.
Wir beschlossen, kurzerhand auf Zeros Schiff zu gehen, da es guten Platz bot. Oben angekommen stand ich vor einem mir unbekannten Typen und sagte: „Du bist nicht Zero.“ Ich wollte gerade ansetzen, ihn festzusetzen, da kam Zero durch die Tür und stellte seinen Gast vor.
Pike hieß er. Er erzählte eine traurige Geschichte – dass er auf der Gaslight Station zurückgelassen wurde. Zero hat ein Händchen dafür, hilflosen Menschen zu helfen. Und ich urteile nicht über den Wert eines Menschen, bevor dieser seinen offenbart hat.
In solchen Diskussionen höre ich meistens nicht zu. Ich bin nur für die Logistik hier. Zumindest glaube ich das. Manchmal habe ich das Gefühl, ich werde zum Kindergärtner degradiert und darf die Scherben aufsammeln, wenn wieder etwas kaputtgeht. Naja. Wenigstens werde ich für diesen Job nicht bezahlt. Aber ein Freundschaftsdienst ist mir genauso Lohn.
Ich träume so vor mich hin und denke noch einmal über das Geschehen nach. Da fällt es mir ein: Zero hat Geschichten über ähnliche Erfahrungen gehört. Und irgendwem will ich diese Geschichte anvertrauen. Also schnappte ich ihn mir kurzerhand und bat ihn um ein Gespräch unter vier Augen. Er sagte natürlich zu, hörte sich meine Geschichte an und schlug mir vor, darüber in der Wüste zu meditieren.
Ich sagte ihm, dass ich darüber nachdenken werde. Dann gingen wir wieder zu den anderen. Friedrich und Pike hatten sich bereits auf den Weg gemacht, um die Umgebung abzusuchen. Auch Bru war auf dem Weg zu seinem Schiff, um mit seinen starken Scannarrays zu unterstützen. Alaska war währenddessen unterwegs, sein Schiff aus dem Orbit zu holen.
Als er zurück im neuen Basislager war, fuhren wir beide mit dem Cyclone zu den anderen. Auf dem Weg dahin hörten wir, wie Panik ausbrach und dann... Stille. Ich funkte die Scouttruppe an, doch keiner antwortete. Dann gab es einen riesigen Knall. Ich wies Alaska an, so schnell wie möglich zu den anderen zu fahren.
Wir hetzten geradezu zu ihnen. Als wir sie erreichten, waren sie dabei, sich zu verarzten. Eine Mineralexplosion. Irgendwer hatte eine große Menge Energie in eines der Vorkommen gejagt. Flüchtige Stoffe brachten den Brocken zum Bersten und beschädigten einiges an Ausrüstung und verletzten Mitglieder der Expedition.
Ich fragte, wie das passieren konnte. Es stellte sich heraus, dass Bru einen der Geos wohl nicht fachgerecht einsetzte und mit voller Energie auf eines der Vorkommen ging.
„Es ist ja gerade noch einmal gut gegangen“, dachte ich mir.
Diesen Gedanken hätte ich mir sparen sollen. Denn als ich mich ans Werk machte, die Ausrüstung zu prüfen, begab ich mich zum Geo. Ich konnte die Informationen kaum erfassen, da passierte es: Der Geo zeigte eine gewaltige Energiemenge an, die offenbar auf eine weitere Mineraltasche überging. Dann barst das Ding mit einer Druckwelle, die uns alle von den Beinen riss. Bru wurde einige Meter weggeschleudert, ich flog aus dem Geo, und die nahestehende Ausrüstung wurde vollends zerschrotet.
Beide Geos waren hin. Der ROC schwer beschädigt. Brus Schiff hatte ebenfalls einiges abbekommen.
Als wir alle wieder halbwegs auf den Beinen waren, war ich wirklich verstört. „Das hätte unser Ende sein können“, schrie ich Bru an. Mehr erinnerte an meine Erfahrung im Sprungtunnel als an das Hier und Jetzt. Ich hielt ihm eine Rede über Verantwortung, doch Friedrich unterbrach mich. Er schien ebenfalls sauer, ob aber auf mich oder auf Bru konnte ich nicht deuten.
Er bat mich, mal runterzukommen, und ich tat, wie gebeten.
Wir diskutierten, wie es weitergehen sollte. Ich schlug vor, mit Hilfe von Pike die beiden Geos auseinanderzunehmen, alles noch Brauchbare zu verwerten und vielleicht einen funktionierenden daraus zu machen. Besser einer als keiner. Der ROC musste auch gewartet werden. Viel Arbeit. Außerdem bot ich an, zumindest die Funktionsweise einmal mit allen zu üben, damit so etwas nicht noch einmal passiert.
So etwas darf nie wieder passieren. Wir sind hier weit draußen. Hilfe kommt so schnell nicht. Und durch die Regenkrise könnte das hier unser tatsächliches Ende bedeuten.
Etwas frustriert verabschiedeten wir uns voneinander, um über unsere Leistungen und Fehler nachzudenken.
Jetzt, nach einigen Tagen, bin ich wirklich zurück nach Fairo gegangen, um zu meditieren. Die fast toxische Atmosphäre lädt ein, das Innerste seiner Selbst zu ergründen.
Das Geschehen der letzten Tage und meine Vision, die ich hier hatte, Revue passieren zu lassen, hat mich zu einem Gedanken kommen lassen, den ich eigentlich nicht zu Ende denken will:
Ich werde dieses System nicht mehr lebend verlassen.
- Hermie
Pyro | 13.06.2955 | 22:00 EST (EU)