
„Wie schauen bei euch die Vertragsbedingungen aus?“, fragte mich Marowitsch. Mit einer Hand zupfte ich an meiner ledernen Weste und erklärte ihm die Bedingungen. Er schien zufrieden zu sein, womit wir auf der Aaron Halo Conference einen potenziellen neuen Kandidaten gewonnen hatten.
Seit nun zwei Stunden lief die Messe schon, mir oblag die Eröffnungsrede zu halten, zu überblicken, wann die einzelnen Redner dran waren, und mit der Asada-Rede die Pitchphase zu beenden. Die ganzen Vorbereitungen für diese Messe trugen endlich Früchte. Schnell kamen zu unseren Ständen Interessierte wie auch bekannte Gesichter. Andokan, Mike, alte Vertraute, aber auch neue. Der alte Glanz von Asada war nicht ganz verschwunden, aber seit einem halben Jahr war ich nun CEO für das, was von Asada übrig blieb.
Eine Verantwortung, mit der ich in dieser Form nie Erfahrung gemacht hatte.
Es war anders, als bei der Navy ein Jägergeschwader zu kommandieren. Zudem kam ich nie weit in der Leiter der Navy hoch.
Ein Unternehmen erforderte nicht nur Führungsstärke, sondern weitaus umfassendere Fähigkeiten. Fähigkeiten, die mir fremd schienen.
Aber ich wollte mich meiner Verantwortung nicht entziehen, etwas, das ich einst in der Akademie gelernt hatte.
Neben unserem Stand war A.R.C.T.I.S. Sie waren ein Newcomer in Stanton und standen mit ihren Geschäftsfeldern quasi in Konkurrenz zu uns.
Bei dem Gedanken musste ich unwillkürlich an meinen Vater denken. Er hätte wohl alles genutzt, was im legalen Bereich liegen würde, um eine solche Konkurrenz in Grund und Boden zu stampfen. Wir hatten aber durchaus sogar erste Kontakte mit A.R.C.T.I.S.; es glich eher einem freundschaftlichen Verhältnis zueinander.
War dies der richtige Weg? Nun, ich hatte kein Bedürfnis, hierbei mit harten Bandagen zu kämpfen. Sie verhalfen der UEE gleichfalls zu mehr Wohlstand und hantierten nicht mit Piraten. Mir war der wirtschaftliche Konkurrenzkampf nie ein erstrebenswertes Merkmal, auch wenn mir der Sinn aus Sicht eines freien Marktes bekannt war.
Zu sehr steckte aber wohl der Fähnrich aus der einstigen Navy-Zeit in mir drin. Der Spruch: Vereint im Ziel steckt zu tief in meiner Haut. Zusammenhalt war eine wichtige Sache in der Navy, die uns eingebläut wurde. Stanton war aus meiner Sicht sowieso durch die großen Player in Stanton dominiert, sodass, so klein wie Asada geworden ist, wir kaum Raum zum Atmen haben, um uns einen harten Konkurrenzkampf leisten zu können.
Zwischenzeitlich half ich Hermieoth als Wache aus und hatte noch die Gelegenheit, den Stand von Extensive Enterprise zu begutachten. Er war beeindruckend bestückt mit mehreren Containerkisten, verziert mit Utensilien und Gegenständen auf ihnen und sogar einem Holoprojektor von einem Banu. Zweifellos war es der größte und beeindruckendste Stand von allen.
Ich unterhielt mich mit Locutus von Borg, immerhin haben wir schon einige Male Extensive durchaus kontaktiert als Unterstützung.
Darauf kam ich zurück zu unserem Stand und löste Cyrill ab, der bisher keine Gelegenheit hatte, sich umzuschauen.
Zum Ende der Messe unterhielt ich mich mit Cyrill noch, wobei wir uns einig waren, dass das Potenzial und das Interesse weiterhin für Asada bestanden.
Als wir am Stand von A.R.C.T.I.S. waren, erlebten wir noch einmal eine böse Überraschung. Ray, einer der Besucher, wollte auf martialische Weise eine Lücke aufzeigen. Wir waren in einem Gesprächskreis, da legte er vor unseren Augen eine Handgranate in der Mitte ab.
Mit einem flapsigen Spruch sagte er: „So viel zum Sicherheitskonzept!“, und ging davon. Jemand von Extensive nahm die Granate in seine Hand und wollte sie der Security vorbeibringen. Ich sah noch, wie Hermieoth zu uns kam und es sah. Dieser war völlig aus dem Häuschen und fragte aufgebracht: „Hallo, der Herr. WOHER haben Sie die Granate!“ Beide gingen dann in Richtung der Security.
Zum Ende hin lösten wir die Stände auf, und es war, kann man sagen, eine erfolgreiche Messe. Auch wenn sie kleiner ausfiel als gedacht, aber zumindest boten sich Gelegenheiten, sich austauschen zu können und neue Kontakte zu knüpfen.
Ich nutzte die Hornet und flog in Richtung Bajini Point. Es war ein entspannter Flug, ohne dass etwas Großes geschah.
Gelandet auf Bajini Point, kam ich in mein Büro an. Das stundenlange Stehen hatte mich müder gemacht, als ich dachte. Mit einem Gefühl der Erleichterung wollte ich zu meinem Apartment.
Auf dem Bürotisch, auf dem einzelne Tablets und Unterlagen lagen, fiel mir aber ein einzelner Zettel ins Auge.
Meine Assistentin musste ihn da abgelegt haben, aus einem Postfach. Es erschien mir eine nahezu altertümliche Art, angesichts des Mobiglass. Er war zusammengerollt, und ich entfaltete ihn.
In Handschrift verfasst stand dort:
Samstag, 14.06, 13 Uhr, G-Loc Bar.
Warte dort auf mich. Wir müssen reden.
Mehr war darauf nicht verfasst. Ich suchte den Zettel ab, aber nichts war zu sehen. War das ein Scherz? Kein Name, nichts. Auch die Schrift kam mir nicht bekannt vor.
Es ist zumindest in der Öffentlichkeit, also dürfte ich wohl kaum erwarten, entführt zu werden. Ich sah darin keine Gefahr.
Aber es ließ mich nicht los, was das bedeutete. Wen würde ich begegnen, und noch mehr fragte ich mich, was wollte die Person? Am liebsten wünschte ich mir, dass ich dies schon wüsste. Mit einem Kopf, der nicht zur Ruhe kommen wollte, ging ich in mein Apartment auf der Station zu Bette, bis ich zur späten Stunde in einen tiefen Schlaf fiel.